Biografia
Rudolf Mumprecht (* 1.1.1918 Basel, † 25.7.2019 Bern). Er wuchs in Bern auf. Nach Abbruch des Handelsgymnasiums begann er eine Kartografenlehre, die er 1938 als Zeichner-Lithograf abschloss. Während des Krieges verbrachte er die meiste Zeit im Militärdienst, führte jedoch seine künstlerischen Versuche fort. Ab 1943 arbeitete er in Bern mit einer eigenen Kupferdruckpresse, wobei er sich alle Kenntnisse autodidaktisch erwarb. Bis 1948 entstanden zahlreiche Radierungen, die er in regionalen und internationalen Ausstellungen zeigen konnte. Verschiedene Reisen nach Italien, Holland und Südfrankreich. 1949–1954 lebte Mumprecht in Paris und arbeitete an Lithografien und Aquatinta-Blättern. Ab 1955 besass er Ateliers in Bern und Zürich. 1960–64 liess sich Mumprecht in Versailles nieder, wo grossformatige Bilder entstanden. 1964 kehrte er in die Schweiz zurück. Er lebt und arbeitet seither in Köniz bei Bern und seit 1986 auch in Brione sopra Minusio.
Das Frühwerk des Autodidakten Rudolf Mumprecht ist von den frühen, realistischen Bildern Ferdinand Hodlers inspiriert und umfasst Gemälde, Radierungen und Aquatinta-Blätter mit figurativen Motiven, darunter Tierdarstellungen, Stillleben und Porträts. Als er sich Mitte der 1950er-Jahre der Abstraktion zuwandte und 1958 in der Galerie Klipstein und Kornfeld in Bern in Gouachen und in Druckgrafik neue gestische Gestaltungsmöglichkeiten zeigte, wurden die Arbeiten wenig begeistert aufgenommen. Auch in diesen expressiven Formen ging es ihm um die Darstellung bestimmter Motive, wie etwa April, Februar, Föhn, Südwindoder Christoph Columbus. Darunter mischten sich auch vage Bildtitel wie Bewegungen, stürmisch oder ein Punktbild. In der Druckgrafik erwies sich die Aquatinta-Technik mit ihrer Möglichkeit malerischer Wirkungen als besonders geeignet für seine zur Chiffre tendierenden künstlerischen Absichten. Für Mumprecht war der Weg zur Abstraktion lang und schwierig. Er führte über die informelle Malerei schliesslich zu neuen, offenen Themen. Als Beispiel sei die Kreuzform genannt, die er weit früher aufgriff als Antoni Tàpies (geboren 1923) und andere bekannte Künstler der internationalen Szene.
Als ein Schlüsselbild gilt indessen das Aquatinta-Blatt Signe musical, das in der erwähnten Ausstellung von 1958 zu sehen war und das den Übergang zum Schreiben, zum Schriftzeichen als Bild markierte. Ab 1972 folgten in Bern, Grenoble und Thun Ausstellungen, die das Schriftbild als zentralen Bildtypus Mumprechts bestätigten. Mumprecht wiederholte damit keineswegs, was sich seit dem Kubismus als Schrift im Bild ereignet hatte. Seine Schriftbilder intendieren nicht weniger als den – teilweise poetisch verfremdeten – Einbezug der Welt der Sprache in die bildende Kunst. Seine Erfahrungen mit Sprache – mit der geschriebenen wie der gesprochenen – finden ihren Niederschlag in fantasievollen Konstellationen, gebildet aus allen möglichen Zeichen und Zahlen. Die Sprache interessiert Mumprecht nicht nur als Informationsmittel, ihn faszinieren auch Form, Duktus und Rhythmus der sprachlichen Zeichen und ihre Beziehungen zum Bildraum. Der Assoziationsraum, der damit eröffnet wird, wirkt wiederum auf die semantische Ebene zurück: Schreiben und Zeichnen überlagern sich.
Werke: Baden, Bezirksschule, Spectaculum M, 1987; Burgerbibliothek Bern, Graphiksammlung; Kunstmuseum Bern; Bern, Bundesarchiv, Bundesbrief, 1. Fassung, 1974; Bern, Rathaus, Ouvrir le passé à l’avenir, 1992; Bern, Staatskanzlei des Kantons Bern, Individuum, 1987; Universität Bern, Mathematisches Institut, Fibonacci, 1972; Musée de Grenoble; Kunstsammlung der Gemeinde Köniz,Die Wolke singt Vergänglichkeit, 1994; La Chaux-de-Fonds, Musée des beaux-arts; Locarno, Pinacoteca comunale Casa Rusca; Locarno, Municipio, Arbre parfum rythme, 1989; Mailand, Archivio di Nuova Scrittura; Murten, Schulungszentrum SBB, Magisches Quadrat, 1978; Nottwil, Ausbildungszentrum Schweizerisches Rotes Kreuz, Nord Süd, 1990; Kunstmuseum Olten; Olten, SEGA, Dopodomani, 1995; Sachseln, Museum Bruder Klaus; Kunstmuseum Thun; Zürich, Finter Bank, 001, 1993; Zürich, James-Joyce-Stiftung, Riverrun, 1988.
Eugen Gomringer, 1998, aktualisiert 2015
Link:
http://www.mumprecht-atelier.ch/index.php?id=rudolf_mumprecht
https://www.youtube.com/watch?v=lNXvYK3UXCk
https://www.youtube.com/watch?v=Ai4EJKf3iaY
https://www.kunstmuseumbern.ch/service/medien/bilder-doku-2013/21-08-13-rudolf-mumprecht_0-919.html